Sensei Gichin Funakoshi

Gichin Funakoshi wurde 1868 geboren. Schon während seiner Grundschulzeit in Shuri erhielt er von den Meistern Azato und Itosu Unterricht im Shorin-ryu Karate.
Azato lehrte ihn v.a. die Philosophie des Karate Do, Itosu legte den Schwerpunkt des Unterrichts mehr auf die Technik.
1888 wurde Funakoshi Lehrer in Naha, wo er u.a. von Meister Matsumura Unterricht im Shorei-ryu Karate erhielt. Funakoshi bezeichnet seine Kampfkunst selbst als „Karate Do“ („Weg des Karate“). 1921 erhielt das Okinawa Shobu Kai (Vereinigung der okinawanischen Kampfkünste) eine Einladung des japanischen Kultusministeriums, Karate in Tokyo vorzustellen.
Gichin Funakoshi wurde als würdiger Vertreter auserwählt und nach Tokyo gesandt. Funakoshi wollte das Karate Do als charakterschulende Kampfkunst vorstellen und verbreiten. Da die Japaner China gegenüber feindlich gestimmt waren, änderte Funakoshi die Schriftzeichen von „Karate“ so ab, dass sie unter Beibehaltung der Aussprache nun „Leere Hand“ bedeuteten und er gab einigen Kata neue Namen, die den chinesischen Ursprung nicht mehr erkennen liessen.
Darüberhinaus führte Funakoshi die japanische Gürtelhierarchie und das Tragen eines Gi (weißer Kampfanzug) ein. Ab 1924 begann Funakoshi an der Keio-Universität Tokyo Studenten gruppenweise im Karate Do zu unterrichten. Ab 1926 lehrte er auch an der Ichiko-Universität. 1927 kamen zehn weitere Hochschulen hinzu. Funakoshis Schüler benannten „ihren“ Karate-Stil nach dem Künstlernamen ihres Meisters Shotokan-ryu Karate Do (Shoto heißt „Pinienrauschen“).
Abgesehen von diesen Neuerungen im Karate Do liess Funakoshi keine Änderungen zu. Er lehrte seine Schüler ausschließlich Kata, Bunkai, Training am Makiwara (Schlagpolster) und seine Philosophie des Karate Do.
1936 eröffnete Funakoshi das erste private Karate Dojo in Tokyo, das Shotokan Dojo. 1943 forderten mehrere seiner Schüler, die inzwischen selbst Meistern waren, u.a. Meister Nakayama, das Karate mehr auf den sportlichen Wettkampf auszurichten. Im traditionellen Karate Do sind Wettkämpfe undenkbar, da sie einen krassen Gegensatz zu der Philosophie des Karate Do darstellen. Funakoshi befürchtete, dass die Philosophie bzw. die Charakterschulung im Wettkampfkarate zu kurz kommen würde und sogar Schüler ohne Moral und Ehre hervorbringen könnte. Der alte Meister machte jedoch nach und nach Zugeständnisse in dieser Richtung, indem er das Kihon Gohon-kumite, das Kihon Sanbon-kumite und das Kihon Ippon-kumite einführte, von denen er glaubte, dass sie dem Wesen des Karate nicht schaden würden.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Shotokan Dojo durch einen Bombenangriff zerstört. Erst 1948 begann Funakoshi wieder Karate Do an den Universitäten Keio und Waseda bis zu seinem Tod im April 1957.
Bereits 1946 begann Meister Nakayama an der Takushoku Universität mit dem Unterricht von Wettkampfkarate. 1949 gründete er die J.K.A (Japan Karate Association), um das Karate als Kampfsport weltweit zu verbreiten. So gelangte das Karate auch 1957 nach Deutschland. Durch die Verbreitung des Karate als Sport ging jedoch viel der philosophischen Lehre des Karate Do verloren, so dass das Karate lange nur eine von vielen Kampfsportarten war. Erst in den 90er Jahren ist durch intensive Nachforschungen und durch Veröffentlichungen in der Fachliteratur und im Internet ein Bewusstsein für das klassische Karate Do im Sinne von Funakoshi entstanden, so dass sich immer mehr Karate Dojo (wie auch das unsere) auf das alte, ursprüngliche Karate Do zurückbesinnen.