Selbstbehauptung in schwierigen Zeiten

Mit einigen Corona bedingten Unterbrechungen kam der VHS-Kurs „Selbstverteidigung und Selbstbehauptung“ nun zum Abschluss.

von Sabine Pönnighaus

Am 8.9.2020 startete der VHS-Kurs „Selbstverteidigung und Selbstbehauptung“ in Zusammenarbeit mit dem Shotokan Bushinkai Karate Dojo im 1. SC Bad Oeynhausen mit Gewaltschutztrainerin und Karate-Schwarzgurt- Trägerin Birgit König. Neun Frauen und ein Mann wollten an acht Abenden gemeinsam herausfinden, was Gewalt ist und wie man sich dagegen schützen kann. Von Schülerin bis Rentnerin, von schüchtern bis dominant, von zurückhaltend bis neugierig, in der Gruppe waren viele Facetten vertreten.

Schon zum Anfang des Kurses bemerkten die Teilnehmer, welche Kraft in ihnen steckt, und dass sie diese Kraft „nur“ abrufen müssen. Die „Hammer-Faust“ wird umso stärker, wenn dabei laut geschrien wird! Selbstverständlich mussten die Teilnehmenden auch einiges aushalten: In Rollenspielen wurden beängstigende Situationen nachgestellt, die Stress, Furcht aber auch Panik und Aggressionen auslösten: Wenn alle gegen einen sind, kann das zu ungeahnten Reaktionen kommen. Eine dicke Lippe, Tränen und sogar eine Verletzung nach einem Sturz waren die Folgen dieser „Spiele“. Aber alles in allem bleibt eine Erkenntnis: Oberstes Ziel ist die Flucht aus diesen gefährlichen Situationen. Und auch wenn man nie zu hundert Prozent vorbereitet sein kann, so ist es doch beruhigend, dass man diese Situationen überstehen kann. Und ein selbstbewusstes Auftreten kann den Täter ja vielleicht schon vorher von seinem Plan abbringen.

Gewalt gibt es in so unterschiedlichen Formen und wird von Mensch zu Mensch unterschiedlich wahrgenommen. Für den einen ist ein Knutschfleck eine Liebeserklärung für den anderen ein gewaltsam zugefügtes Hämatom. Für den einen gehört der Klaps auf den Po des Kindes zur Erziehung und der andere sieht darin eine Misshandlung des Kindes. Überall begegnet uns Gewalt. Die körperliche Gewalt ist meistens gut sichtbar, die physische dagegen nicht. Die Narben, die in der Seele entstehen, bleiben oft ein Leben lang.

Ein weiteres Thema des Kurses war die „Eskalationspyramide“: Wie kann man sich auf schwierige Situationen vorbereiten und wann gibt es noch die Chance zu deeskalieren?

Die Teilnehmenden stellten sich die Fragen: Welche Vorgänge laufen in meinen Körper ab, wenn ich unter Druck gerate und angegriffen werde? Wie schütze ich mich (vor allem meinen Kopf), wenn mich einer angreift? Wie fühle ich mich, wenn alle mich beobachten? All diese und noch viele weitere Aspekte wurden in diesem Kurs angeschnitten, beantwortet und in Rollenspielsituationen geübt.

Besonderes Highlight war das Zerschmettern eines Bretts mit der bloßen Faust. Eine Teilnehmerin berichtet: „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, weil man anfangs nicht glaubt, dass man dazu wirklich in der Lage ist. Aber dies war noch ein Beweis dafür, dass wir eben nicht wehrlos sind.“

Durch den Lockdown wurde der Kurs dann lange Zeit unterbrochen und zwei Theorieeinheiten wurden online durchgeführt. Kursleiterin Birgit König zeigte kleine Filmsequenzen, die deutlich machen sollten, welche Möglichkeiten es gibt, sich aus gewaltvollen Situationen zu befreien. Außerdem wurde lange über das Notwehrrecht diskutiert.

Der Abschluss-Tag des Kurses war dann Ende Juni: Es wurden die Techniken, sich mit Stimme, Faust oder Fuß zu verteidigen wiederholt und angewendet. Carsten Komnik, Karate-Kämpfer im Bushinkai-Verein, war im schwarzen Vollschutz-Anzug vor Ort und „spielte“ den bedrohlichen Angreifer, gegen den die Teilnehmenden sich zur Wehr setzen sollten. Im Feedback wurde deutlich: Die größte Kraft in der Selbstverteidigung liegt in der Selbstbehauptung!